Eigentlich ist der Name „Walzengravieranstalt“ irreführend, denn es wurden hier keine Walzen graviert, sondern „Moletten“, das sind kleine Stahlzylinder mit einer Länge von bis zu 20 cm und einem Durchmesser von bis zu 8 cm. Das auf die Molette gravierte Muster wurde dann mechanisch und chemisch auf große Walzen übertragen, die an die Kunden der Walzengravieranstalt als Druck- oder Prägewalzen geliefert wurden. Diese Art der Druck- und Prägewalzenherstellung stellte einen großen Fortschritt gegenüber früheren Verfahren dar, bei welchen unmittelbar die Walzen graviert wurden. Durch das neue Verfahren war es möglich das auf die Molette gravierte Muster sowohl in Umfangsrichtung als auch in der Breite wiederholend auf die Walze aufzutragen. Das händische Gravieren einer Molette erforderte viel Geduld, hohe Konzentration und äußerst präzises Arbeiten, denn ein „Abrutschen“ mit dem Gravierwerkzeug, dem Stichel, führte zu einer falschen Kerbe im Stahl der Molette und konnte nicht mehr korrigiert werden. Insgesamt war ein Graveur je nach Aufwändigkeit und Größe des Musters bis zu drei Wochen an einer Molette beschäftigt und musste den Stichel bis zu 600.000 Mal ansetzen. Im Laufe der 75 jährigen Betriebszeit (1911–1986) wurden einige tausend Moletten angefertigt. Neben einer Vielzahl aus den 1920er und 30er Jahren sind diejenigen, die nach dem zweiten Weltkrieg graviert worden sind, vollständig erhalten und im Museum ausgestellt. An Hand der ebenfalls noch erhaltenen Auftragsbücher lässt sich auch genau feststellen, welche Molette für welchen Kunden und zu welcher Zeit gefertigt wurde. Die Sammlung alter Moletten wird vervollständigt durch eine Vielzahl von Probedrucken und –prägungen auf kleinen Stoff- bzw. Papierstücken, welche einen interessanten Einblick in die Entwicklung des Musterdesigns und der Mode während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlaubt. Insgesamt stellt das in der Walzengravieranstalt zu besichtigende Archiv ein bedeutendes zeitgeschichtliches Dokument dar. |